Der lange Weg

Meine ungezählten Reisen zu den »Magischen Orten« nahmen vor vielen Jahren im hohen Norden ihren Lauf. Damals, im norwegischen Polarsommer, schien kurz vor Mitternacht die tiefstehende Sonne auf die Felsritzungen von Alta. Figuren, Tiere und Schiffe spannten vor der weiten Landschaft Lapplands einen Bogen durch die Jahrtausende.

Ich war fasziniert von der Kraft der eingeritzten Bilder, ihrer Zeitlosigkeit und dem Frieden, den dieser Ort ausstrahlte – und begann zu ahnen, dass ich den Beginn eines Fadens in Händen hielt, der mein (fotografisches) Leben von nun an dominieren würde. Was ich nicht ahnte: in den nächsten 10 Jahren würde mich der Weg immer wieder kreuz und quer durch Europa führen, vom griechischen Berg Athos über die Bretagne zu winddurchwehten Inseln im Nordatlantik und vom Polarmeer über Deutschland weiter nach Galizien, nach Fisterra, ans Ende der Welt. Ich würde Druiden treffen, Pilger, Archäologen, Privatgelehrte, Barden und Exzentriker, die sich nicht selten voneinander abgrenzten, letztlich aber alle fasziniert waren von der Kraft dieser Orte.

Zusammen mit Zehntausenden würde ich bei den Sonnwendfeiern in Avebury, Glastonbury und Stonehenge nach einer langen Nacht auf die ersten Strahlen der Sonne warten und im Licht der Stirnlampe in den italienischen Alpen das steingeritzte Vermächtnis unserer Ahnen suchen. Zahllose Genehmigungen, Hunderte von Kilometern zu Fuß, Touren mit Booten und Schiffen, 100.000 Kilometer mit dem VW-Bus, die Besteigung des heiligen Berges der Katalanen mit einem Esel und eine unwirkliche Nacht auf Skellig Michael, der Insel der Mönche und Seevögel, lagen vor mir.

Was im hohen Norden, im Licht dieses Polarsommers begann, wurde zur großen Reise meines Lebens.